Am Berufungsort

Die Reportage vom Einsatz für Menschen

Telemedizin: Brauchen wir wirklich noch (Not-)Ärzte vor Ort? (1/2)

Was kann Telemedizin heute leisten? Wo liegen ihre Wurzeln? Und wie weit wird die Technologie in Zukunft noch gehen?

20.01.2025 32 min Rotes Kreuz Niederösterreich

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Folge von Am Berufungsort tauchen Reporter:in Medea Thiery und Florian Schodritz tief in das Thema Telemedizin ein. Sie sprechen mit Expert:innen, Ärzt:innen, Sanitätern und sogar mit Österreichs einzigem Astronauten, Franz Viehböck, um die entscheidenden Fragen zu klären: Was kann Telemedizin heute leisten? Wo liegen ihre Wurzeln? Und wie weit wird die Technologie in Zukunft noch gehen?
Von der Notfallmedizin mit dem Telenotarzt bis hin zu Visionen von Remote-Anwendungen in Katastropheneinsätzen – diese Episode zeigt, wie Telemedizin die Grenzen des Machbaren verschiebt. Ein spannender Einblick in die Zukunft der Medizin und die Chancen, die sie für uns alle bereithält.

In dieser Folge von Am Berufungsort tauchen wir in die spannende Welt der Telemedizin ein. Wir sprechen über innovative Ansätze, wie Technologie Leben retten kann, und begleiten unsere Expert:innen und Einsatzkräfte auf ihrer Reise in eine digital unterstützte Zukunft.
Themen dieser Folge:
  • Was ist ein Telenotarzt und wie funktioniert die telemedizinische Unterstützung im Rettungsdienst?
  • Ein Blick hinter die Kulissen: Wie die Telemedizin Einsatzkräfte im Alltag unterstützt.
  • Exklusive Einblicke in die Erfahrungen von Sanitäter:innen und Ärzt:innen im Roten Kreuz Niederösterreich.
  • Wie Telemedizin in der Raumfahrt entwickelt wurde – Interview mit Franz Viehböck.
  • Die Zukunft der Telemedizin: Projekte zur Unterstützung von Einsatzkräften und Monitoring in Katastrophenfällen.
Ein besonderer Dank gilt:
  • Ingeborg Jakubuff für ihre Expertise.
  • Tao Bauer von Klangdesign für das Sounddesign
  • Denise Pavlik und der Juhuuu Factory für ihre Unterstützung.
  • Thore Zaradnicek für den einzigartigen Soundtrack.
Kontakt:
Für Fragen, Feedback und Anregungen erreicht ihr uns unter: socialmedia@n.roteskreuz.at
Bleibt dran und seid gespannt auf weitere Folgen von Am Berufungsort! 🎧

Transkript

Florian Schodritz
00:00:08
Dienstag, 21.30 Uhr, das Rote Kreuz wird alarmiert. Ein Notruf, der nicht ungewöhnlich klingt. Ein 55-jähriger männlicher Patient hat Brustschmerzen.
Patient
00:00:19
Ja, ich habe so eine Stunde so ein drücken auf der Brust und mit der Luft, es ist schwer atmen.
Sanitäter
00:00:27
Gut, wir haben uns das EKG jetzt angeschaut. Für uns ist es nicht ganz klar. Das heißt, wir würden uns kurz einen Doktor dazuholen, einen Telenotarzt.
Sabine Neudorfsky
00:00:35
Sabine Neudorfsky spricht, hallo.
Florian Schodritz
00:00:37
Die Tele-Notärztin im Einsatz ist bereit, von der Ferne heraus zu unterstützen. Auf dem Bildschirm analysiert sie die Daten, die vom Einsatz kommen.
Sabine Neudorfsky
00:00:45
Ich sehe jetzt nichts tragisches, aber was auf jeden Fall einmal Sinn macht, ist, dass ihr ihn mitnehmt zu einer internistischen Notaufnahme. Ich schaue mit im Monitoring und wenn irgendwas auftritt, könnt ihr mich gerne jederzeit anrufen.
Florian Schodritz
00:00:58
Telemedizin ist heute Alltag, doch sie verändert den Rettungsdienst noch immer grundlegend. Was am Boden noch eine kleine Revolution ist, hat ihren Ursprung auch bei den Sternen. Weiß auch Österreichs einziger Astronaut Franz Viehböck.
Franz Viehböck
00:01:12
Im Weltall ist sozusagen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Arzt an Bord ist, gering. Und dann muss man sich selber helfen, beziehungsweise man kommuniziert natürlich laufend immer mit der Bodenstation, wo ein entsprechendes Ärzteteam vorhanden ist.
Medea Thiery
00:01:27
Was im Weltall in Ausnahmesituationen Leben retten soll, hat etwas mit der Erde gemeinsam. Denn hier in Niederösterreich feierte der Telenotarzt unter außergewöhnlichen Bedingungen seine Geburtsstunde, erinnert sich Rotkreuz-Chefarzt Bernd Schreiner.
Berndt Schreiner
00:01:39
Kaum war Covid, war es für viele Notärztinnen und Notärzte völlig in Ordnung, draußen zu warten. Und der Sani hat drinnen alles gemacht. Und da ist in mir ein bisschen auch der Gedanke gereift, naja, wenn das auf 10 Meter funktioniert. Heute sind wir das erste Telenotarztsystem 24-7, was es in Österreich gibt.
Florian Schodritz
00:01:57
Mein Name ist Florian Schodritz.
Medea Thiery
00:01:59
Und mein Name ist Medea Thiery und wir gehen auf Spurensuche. In den kommenden zwei Folgen klären wir, wie die Technik der Raumfahrt zur Lebensretterin am Boden wurde.
Florian Schodritz
00:02:08
Wir sprechen mit Ärzten und SanitäterInnen über die Vorzüge und Herausforderungen des Systems und welche anfangs scheinbar unüberwindbaren Hürden überwunden werden mussten. Dabei begleiten wir eine Telenotärztin hautnah und wir klären die Frage, was kann die Zukunft noch bringen. Willkommen zu einer neuen Folge von Am Berufungsort.
Medea Thiery
00:02:27
Da sind wir schon in Göllersdorf, im wunderschönen Göllersdorf. Hier im kleinen Örtchen. Und jetzt schauen wir mal, ob die Sabine für uns da ist und klopfen wir mal an. Hallo.
Sabine Neudorfsky
00:02:43
Nicht schrecken, sind zwei Kinder im Wohnzimmer. Alles gut.
Medea Thiery
00:02:47
Ja, ich sitze da jetzt mit der Sabine in ihrem Wohnzimmer, beziehungsweise auch in ihrer Wohnküche. Hallo Sabine.
Sabine Neudorfsky
00:02:54
Hallo Medea.
Medea Thiery
00:02:55
Es ist ja total gemütlich hier bei euch, in eurem wunderschönen Haus. Und du hast auch gleich so herzhaft aufgetischt mit Brötchen und Gemüsesticks. Also vielen, vielen Dank für die Verköstigung gleich.
Sabine Neudorfsky
00:03:07
Sehr gerne. Auch das kulinarische Herz darf ein bisschen belohnt werden.
Medea Thiery
00:03:10
Ja Sabine, wir sind ja jetzt hier bei dir, weil du heute quasi im Homeoffice bist. Und fangen wir vielleicht ganz am Anfang an. Warum bist du denn Notärztin geworden? Also beziehungsweise welche andere Fachrichtung stand denn noch zur Diskussion oder war das für dich immer ganz klar?
Sabine Neudorfsky
00:03:27
Ich bin nicht nur Notärztin. Im Brotberuf bin ich Internistin und Allgemeinmedizinerin und starte jetzt in Kürze meine dritte Facharztausbildung zum Intensivmediziner. Und da gehört die Notfallmedizin schlichtweg dazu. Das war immer einer meiner Träume schon im Studium, dass ich irgendwann einmal mir gedacht habe, ich würde gern Notärztin sein. Und dieser Wunsch ist immer geblieben und ich mache das heute noch sehr gerne. Ich bin immer noch aktive Notärztin und bin es auch immer noch mit Leib und Seele.
Medea Thiery
00:03:58
Und an welchen Einsatz denkst du gerne zurück?
Sabine Neudorfsky
00:04:01
Oh, da gibt es viele. Also ganz besonders gern denke ich an Geburten zurück, die gut gegangen sind. Meine letzte Geburt ist gut zwei Jahre her, wo die kleine Letizia einfach so schnell zur Welt gekommen ist, dass wir sogar zu spät gekommen sind. Die ist zu Hause im Vorzimmer zur Welt gekommen und ich habe ein wunderschönes kleines Baby in Empfang nehmen dürfen mit einer völlig gesunden Mutter und durfte mit dem kleinen süßen Bündel und seiner Mama dann einfach ganz entspannt ins Krankenhaus fahren. Das war ein wirklich schöner Einsatz, der mir immer noch im Gedächtnis bleibt.
Medea Thiery
00:04:34
Ja, solche Einsätze soll es ja auch geben, oder? Sabine, wie oft hast du denn Telenotarztdienst?
Sabine Neudorfsky
00:04:41
Das sind zwischen drei und fünf im Monat.
Medea Thiery
00:04:44
Und wie läuft jetzt so ein Telenotarztdienst zu Hause ab? Also wir sind ja jetzt hier bei dir zu Hause im Wohnzimmer und dein Dienst beginnt ja jetzt, glaube ich, in einigen Minuten.
Sabine Neudorfsky
00:04:55
Mein Dienst beginnt um 18 Uhr. Das heißt, der Dienst startet damit, dass wir die Rufnummer umleiten auf unser eigenes Telefon. Es gibt eine eigene Telefonnummer für uns Telenotärzte, die die Sanität da draußen anrufen, um den Telenotarzt im Dienst vorab zu informieren, dass in Kürze ein Einsatz gestartet wird. Und dann kommt es ganz darauf an, womit die Sanitäter draußen uns konfrontieren. Wir haben dann die Möglichkeit, mit den Sanitätern per Videocall, per Telefongespräch zu sprechen. Wir können auch mit den Patienten sprechen. Wir können uns Daten übertragen lassen. Wir können Vitalparameter einsehen und auch in Echtzeit das Monitoring überprüfen. Und dann wird besprochen, gemeinsam mit den Sanitätern, wie der weitere Weg sein wird, um diesen Einsatz abzuwickeln.
Medea Thiery
00:05:43
Ist es für dich in so einer Situation dann vielleicht ein bisschen schwierig oder war das gewöhnungsbedürftig, dass du nicht selbst vor Ort bist?
Sabine Neudorfsky
00:05:50
Nein, überhaupt nicht. Da ich das als Notärztin schon kannte, dass die Sanitäter oftmals angerufen haben, wenn sie vor Ort waren und Fragen hatten, beziehungsweise wir oft auch die Rettungswegen ohne Notarztbegleitung schicken, ist mir das eine sehr verbraute Geschichte, dass ich Anweisungen gebe. Und eben auf die Durchführungsverantwortung der Sanitäter dann eigentlich vertrauen muss, dass die das auch zur Zufriedenheit aller umsetzen.
Florian Schodritz
00:06:16
In dieser Folge von Am Berufungsort wollen wir uns Zeit nehmen, auch über die Entwicklung des in Österreich ersten Telenotarztsystems zu sprechen. Ich habe mit Rotkreuz-Chefarzt Berndt Schreiner ein sehr langes Gespräch dazu geführt. Und er hat mir dabei auch geschildert, dass es nicht immer ganz einfach war, mit einem so neuen System an den Start zu gehen. Es gab Zweifel, manchmal sogar Widerstände und auch technische Hürden, die man erst überwinden musste. Und auch mit dem Argument, dass ein Telenotarzt einen echten Arzt nicht ersetzen kann und auch nicht ersetzen soll, musste erst einmal ein Umgang gefunden werden. Aber hören wir uns das einmal genauer an. Lieber Berndt, was ist denn der Telenotarzt? Und was unterscheidet einen Telenotarzt von einem herkömmlichen Notarzt?
Berndt Schreiner
00:07:01
Im Prinzip ist es die gleiche Person, der gleiche Mensch, der Telenotarzt. Nur, dass er halt nicht mit dem Auto zum Notfallort hin unterwegs ist, sondern er sitzt vor dem Computer, sei es zu Hause oder in einem Büro, wo er halt gerade immer sich aufhält und bringt sein notarztliches Wissen vor Ort zum Patienten und zu unseren Kolleginnen und Kollegen vom Rettungsdienst und kann hier optimale Unterstützung.
Florian Schodritz
00:07:23
Und das macht er über Smartphone und Internetverbindung?
Berndt Schreiner
00:07:29
Vereinfacht gesagt, ja, geht das über Smartphone. Letztendlich war auch selbst ein Telefonat, wenn mich jemand anruft, draußen von der Straße, wenn du gerade unterwegs bist und rufst mich an und sagst, Bernd, ich habe da eine Frage und ich gebe dir dann darauf eine Antwort, dann haben wir letztendlich Telemedizin gemacht, wenn es etwas Medizinisches ist. Es ist manchmal einfacher, als man glaubt. Es ist keine große Hexerei. Wir machen das seit vielen, vielen Jahren. Es gibt Telemedizin oder telemedizinische Anwendungen. Ich nenne nur als Beispiel die Vergiftungsinformationszentrale. Das hat noch niemand hinterfragt, dass man das nicht tut, was die sagen. Selbst im Spital habe ich das oft erlebt, dass man einfach dann hingeschrieben hat, laut FITS wird das und das und das gegeben und das ist eisernes Gesetz. Und was haben die gemacht? Das ist nichts anderes als Telemedizin. Ich habe dort angerufen, habe mein Problem geschildert, hat mir geholfen mit einer Fachauskunft und habe es umgesetzt. Und das machen wir auch, ein bisschen Fortgeschrittener. Wir haben ein besseres Produkt oder ein besseres System dahinter, weil die Technik einfach voranschreitet. Heute, jedes Smartphone kann mehr, als was die Apollo-Mission an Rechenleistung gehabt hat. Und da geht es recht gut. Das Schöne ist, ich kann da zugreifen und schaue auf den Monitor, wie wenn ich daneben sitzen würde oder daneben stehen würde. Das ist faszinierend auch immer wieder.
Florian Schodritz
00:08:44
Gehen wir vielleicht ein bisschen kurz zurück zur Geburtsstunde. Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, jetzt machen wir einen Telenotarzt?
Berndt Schreiner
00:08:52
Das war damals durch Covid-19 getriggert. Die erste Welle war ein bisschen vorbei. Wir waren so ein bisschen im Rettungsdruck drinnen. Und es war halt das große Thema, Kontakt zum Patienten vermeiden. Also es wäre ja früher völlig undenkbar gewesen, dass ich einen Notarzt erklärt hätte, selbst wie ich nach Sani war, warte da draußen. Ich komme im EKG raus und erzähle da, was drinnen los ist, dann geht das. Da sieht man, wie oft man braucht die notwendige Motivation dazu. Kaum war Covid, war es für viele Notärztinnen und Notärzte völlig in Ordnung, draußen zu warten. Und der Sani hat drinnen alles gemacht. Und er ist dann halt mit dem EKG raus, und dann haben sie da beim Fenster reingeschaut und haben gesagt, das passt. Ich hatte auch einige so Einsätze, man hat sich auch daran gehalten, diese Kontaktvermeidung. Und da ist in mir ein bisschen auch der Gedanke gereift, naja, wenn das auf 10 Meter funktioniert, es wäre doch super, wenn der Sani eine Kamera mitnehmen würde. Dann bräuchte ich nicht beim Fenster reinschauen sondern kann mitschauen, was der tut. Und dann haben wir gesucht, und dann habt ihr im Landesabband ja für den Großunfall diese Datenbrillen gehabt damals. Und die haben wir dann einfach einmal ausprobiert. Dann haben wir gesagt, schauen wir mal, vielleicht geht das mit denen. Und so ist es gewachsen und gewachsen und gewachsen. Ja, und heute sind wir das erste Telenotarztsystem 24-7, was es in Österreich gibt. Und da bin ich schon ein bisschen Stolz.
Florian Schodritz
00:10:17
Bevor wir noch tiefer in die Materie eintauchen, wollen wir auch jene Leute zu Wort kommen lassen, die vor Ort bei den Patienten und Patientinnen sind. Ich habe mich dabei mit zwei Sanitätern auf der Bezirkstelle Baden getroffen und wollte ihre Sicht und Erfahrungen rund um das Thema Telenotarzt hören. Beide Kollegen sind erfahrenen Notfallsanitäter.
Andi Kernbichler
00:10:37
Ich bin der Kernbichler Andi aus der Bezirkstelle Baden.
Florian Schodritz
00:10:40
Was sind deine Erfahrungen mit dem Telenotarzt?
Andi Kernbichler
00:10:42
Also ich hatte schon einmal das Glück, den Telenotarzt verwenden zu dürfen. Da ist es gegangen um einen multimorbiden Patienten, der auch unter anderem ein auffälliges EKG hatte, für mich jetzt kein kritischer Patient war. Aber ich habe die Chance genutzt, mit dem neuen System Telenotarzt ein zweites Feedback zu bekommen. Das war auf jeden Fall positiv für den Patienten, weil das Versorgungsthema ein besseres war.
Florian Schodritz
00:11:09
Das heißt, ihr habt den Patienten aufgrund der Telenotarztkonsultation anders versorgen können, als ihr das sonst gemacht hättet, oder worin ist der Benefit bestanden?
Andi Kernbichler
00:11:18
Einfach an der Informationsquelle. Für mich war es wichtig, für diesen multimorbiden Patienten, die doch sehr interessant sein können zum Teil, dass ich da eine zweite Meinung von außen bekomme. Und in dem Sinne hat der Patient jetzt nicht mehr oder weniger bekommen, als er sonst bekommen hätte. Aber diese Frage, ob man dann einen externen Notarzt dazu zieht, wegen einer Kleinigkeit, ob das dann sinnhaftig ist oder nicht, diese Entscheidung hat mir dann an und für sich der Telenotarzt abgenommen. Und das muss man schon sagen, das war für uns dann in der Präklinik am Auto, in Allland, 35 Minuten vom nächsten Krankenhaus entfernt, war das schon ein Benefit.
Florian Schodritz
00:11:57
Das System Telenotarzt ist natürlich noch sehr neu. Und nicht jeder Sanitäter bzw. jede Sanitäterin hatte damit schon Berührungspunkte. Trotzdem hat mich auch interessiert, wie sehen Sanitäter und Sanitäterinnen den Telenotarzt, wenn sie bislang noch gar keinen Einsatz hatten?
Lorenz Kernberger
00:12:13
Ich bin der Lorenz Kernberger, Kerni auch genannt von der Bezirksstelle Baden.
Florian Schodritz
00:12:19
Wie siehst du das Thema Telenotarzt?
Lorenz Kernberger
00:12:23
Also mal vorweg, ich hatte noch keinen Einsatz mit Telenotarzt. Ich freue mich natürlich zukünftig auf eine der Möglichkeiten, mit dieser neuen Ressource zusammenarbeiten zu können. Größtenteils geht es da, glaube ich, um Standardsachen. Und bei diesen Einsätzen, sage ich, diese normalen Mittel zwischen Krankentransport und Notfallrettungspatienten, die würden profitieren von einem Telenotarzt. Dass man hier quasi auch versucht, so wie die ACN, die Patienten nicht immer gleich ins Krankenhaus zu fahren, wegen einer Viertelstunde Anschauung, sondern dass man das vielleicht vor Ort mit einem Telenotarzt abklärt, ob das wirklich notwendig ist, dass der Patient heute am Sonntagabend reinfahren muss oder ob er am Montag seinen praktischen Arzt aufsuchen kann.
Medea Thiery
00:13:09
Ja, und wir sind jetzt wieder zurück in Göllersdorf am reichlich gedeckten Wohnzimmertisch bei Telenotärztin Sabine Nordorfsky. Ich habe sie gefragt, was denn bislang ihr herausforderndster Telenotarztdienst war. Kannst du uns da ein bisschen was dazu erzählen?
Sabine Neudorfsky
00:13:22
Mein herausforderndster Einsatz war ein junger Mann, der von Geburt an schwer behindert ist und immer wieder unter ganz banalen Infekten leidet, die aufgrund seines schlechten Immunsystems eigentlich dann relativ schlimm enden immer. Und wir mussten damals tatsächlich einen Hubschrauber holen, um den jungen Mann wegfliegen zu lassen. Und da war es einfach so, dass ich aufgrund dieser Vitalparameter über unsere Software gemerkt habe, dass der immer schlechter und schlechter wird und eigentlich am Verfallen ist. Der Hubschrauber war noch im Anflug. Und da mussten wir wirklich über dieses System ordentlich daran arbeiten, dass dieser Kreislauf bestehen blieb. Das ist uns dann auch gelungen, aber das war wirklich herausfordernd zu sehen, dass ein Patient schlechter wird, sich der Zustand rapide verschlechtert und meine Hände aber gerade nicht da sind, um eingreifen zu können.
Medea Thiery
00:14:14
Gibt es irgendeine Situation im Bereich der Telemedizin, vor der du dich fürchtest oder vielleicht eher vor der du Respekt hast?
Sabine Neudorfsky
00:14:21
Nein, tatsächlich ist es so, dass beim kritischen Patienten immer auch ein Notarzt vor Ort sein muss. Das Einzige, was wir dann tun können, ist die Schnittstelle bilden. Genauso wie es damals bei diesem jungen Menschen war. Solange da sein für die Sanitäter vor Ort, mit Tipps und Anweisungen zur Hilfe stehen, bis der Notarzt vor Ort ist, der ja nachalarmiert werden kann von uns, von den Sanitätern über die Leitstelle, nur das braucht manchmal, bis der da ist, dann sind wir die Schnittstelle, dann können wir bedingt helfen. Aber fürchten tue ich mich davor nicht, weil ich weiß, dass Hilfe unterwegs ist.
Medea Thiery
00:14:57
Gibt es dann auch irgendwie ein System, wo ihr solche besonderen oder besonders harten Fälle dann auch irgendwie aufarbeiten könnt, für euch oder auch im Team oder so?
Sabine Neudorfsky
00:15:06
Das geht grundsätzlich immer. Wir achten darauf, dass nach den Einsätzen auch eine Nachbesprechung erfolgt. Das gibt es auch im Zuge der Telemedizin, dass wir, wenn es heftige Einsätze waren, nachher die Mannschaft nochmal anrufen und fragen, wie es ihnen geht, ob es irgendwas gibt, was sie noch loswerden wollen, was sie besprechen wollen. Und dann gibt es ein recht gut aufgestelltes Peer-Wesen innerhalb des Roten Kreuzers, wo man sich Hilfe holen kann. Das ist eine Gruppe von Leuten, die speziell ausgebildet sind, die uns dann begleiten, meistens über ein bis zwei Wochen nach den heftigen Einsätzen auch immer wieder rückfragen, wie es mit dem Schlaf geht, ob man genug isst, ob man Flashbacks hat, Erinnerungen, ob man Träume hat über diesen Einsatz. Und wenn da sich dann abzeichnet, dass das nicht gut verarbeitet werden kann, dann gibt es weitere Schnittstellen, wo psychologische Hilfe dann auch in Anspruch genommen werden kann. Also dieses Rückhaltesystem gibt es und das wird auch genutzt.
Medea Thiery
00:15:58
Und wenn du jetzt eben quasi so eigentlich ja im Nachtdienst hier jetzt auch bist, wie gehst du als Ärztin mit wenig Schlaf um?
Sabine Neudorfsky
00:16:04
Oh, das ist mein Job, wenig zu schlafen.
Medea Thiery
00:16:07
Hast du da schon ein Rezept dagegen gefunden oder dafür?
Sabine Neudorfsky
00:16:11
Nein, das lernt man im Zuge seiner ärztlichen Tätigkeit. Ich bin jetzt so viele Jahre in der Branche, gelingt es mir binnen Sekunden wach zu sein und auch einsatztauglich zu sein. Das ist etwas, das ist einfach nur Routine. Es muss Routine werden und dann kann man das.
Medea Thiery
00:16:26
Man liest ja manchmal auch, dass der Kontakt zwischen Arzt und Patient durch die Telemedizin nicht ersetzt werden kann. Teilst du diesen Kritikpunkt?
Sabine Neudorfsky
00:16:34
Nein, weil ich tatsächlich auch als Telemediziner mit dem Patienten sprechen kann. Wir haben oft die Videotelefonie und ich kann mich sehr häufig mit dem Patienten unterhalten. Die sagen oft selber, dass sie Fragen an den Telenotarzt haben und dann schaltet man den einfach dazu, den Patienten. Und somit findet das Arzt-Patientengespräch auch statt.
Medea Thiery
00:16:54
Und was würdest du dir wünschen, um die Telemedizin in Österreich noch effektiver oder vielleicht noch erfolgreicher zu machen?
Sabine Neudorfsky
00:17:00
Mehr Einsätze würde ich mir wünschen. Wir arbeiten gerade daran, dass die Telemedizin wirklich ins Bewusstsein der Leute kommt. Zurzeit ist es so, dass wir von den Einsatzzahlen her noch viel, viel Luft nach oben haben. Es könnte deutlich mehr sein. Das ist der Regelbetrieb jetzt erst seit dem heurigen Jahr. Das heißt, es ist in den Köpfen der Leute noch nicht drin. Es sind regelmäßig Einsätze, aber ich bin überzeugt davon, dass es da noch deutlich mehr sein könnte.
Florian Schodritz
00:17:34
Zurück bei Bernd Schreiner hat mich vor allem der Werdegang des Telenotarz-Systems in Niederösterreich interessiert und die Frage, wie bist du es angegangen?
Berndt Schreiner
00:17:42
Also mit den ersten Versuchen und dann hat man sich ein bisschen damit auseinandergesetzt. Dann kamen natürlich sofort die ersten Ängste und böse Briefe und Anrufe und alles ist ganz katastrophal. Und dann haben wir uns einmal ein bisschen umgeschaut, was gibt es denn da? Wer macht denn sowas eigentlich? Kleiner Tipp für jemanden, der wieder etwas macht, man sollte sich zuerst umschauen. Dann tut man sich leichter, dann spart man sich vielleicht manches Kopf zerbrechen. Wir haben dann relativ rasch Aachen gefunden. Warum mir das nie vorher aufgefallen ist, kann ich dir nicht sagen. Die haben das fix fertig. Also die haben 2004 begonnen schon mit den ersten Versuchen. Damals die Technik noch eine ganz andere. Die haben Rucksäcke gehabt, wo sie die Übertragungstechnik mitgeführt haben. Einen eigenen, was du heute mit einem Smartphone, mit einem Telefon machst. Es ist völlig unpackbar und was für Bedingungen die das machen müssen. Und die sind seit 2014 im fixen Betrieb. Bei denen waren wir dann auch im Sommer 20. Die sind doch sehr offen, die erzählen doch alles. Und denen haben wir unsere Probleme und unsere Sorgen mitgeteilt. Dann haben die halt lachen müssen, weil sie hatten eins zu eins das gleiche. Man sieht, wie schön der Mensch funktioniert, wenn Veränderung im Spiel ist. Und die haben uns dann Einblick gewährt, wie die das machen. Und dann haben wir gewusst, okay, wir sind am richtigen Weg. Auch unsere Schlüsse, die wir geschlossen haben. Wie könnte das funktionieren, wo unsere Vision war. Da waren wir richtig. Das war für uns wirklich das schöne Erlebnis. Wir waren am richtigen Weg, weil die haben uns bewiesen, dass es funktioniert. Und dass es in diese Richtung gehen kann.
Florian Schodritz
00:19:13
Welche Sorgen haben die auch schon überwinden müssen, die du auch vor dir gehabt hast zu dem Zeitpunkt?
Berndt Schreiner
00:19:21
Das erste ist natürlich immer dieses, es beobachtet dich jemand bei der Arbeit und schaut zu. Und da kommt sofort dieses, jemand kontrolliert mich. Da waren ja Briefe und E-Mails von, um Gottes Willen, jetzt wird das im Internet live übertragen von Voyeurismus. Und das ist ein Wahnsinn und das kann ja nicht sein und überhaupt. Ich musste mich da gegenüber der Ärztekammer rechtfertigen. Da kann man Beschwerdebriefe und so weiter. Das habe ich denen in Aachen erzählt, die sind vor Lachen fast zum Sessel gefallen, weil sie gesagt haben, sie hätten nur die Ortschaften quasi ändern müssen und die Namen und das weiterer Text 1 zu 1 der gleiche, den sie auch in Aachen. Also die haben auch diesen Prozess durchgemacht. Wir konnten das dann recht gut lösen, indem wir einfach einen Beirat zu diesem Projekt gestellt haben, wo wir die Ärztekammer aktiv hineingeholt haben, wir haben die Leitstelle mit reingeholt. Und das war glaube ich auch ein guter Schachzug, die Patientenanwaltschaft hineingehoben, weil bei vielen Diskussionen, die wir führen, was ist jetzt gut und wichtig und richtig, wird der Ernst nämlich sehr oft vergessen, es geht ja nicht um uns. Was wir spielen, was wir an Technik brauchen, wie toll und cool wir sind, sondern es geht eigentlich darum, wie können wir unsere Patientinnen und Patienten versorgen. Und das war gut und das haben die auch anerkannt, die Patientenanwaltschaft, die waren sehr dankbar, dass wir sie aktiv da hineingeholt haben. Und dann haben wir noch einen Ethikexperten, der so ein bisschen der Neutrale war, der gar keine Ahnung hatte von dem ganzen, hineingeholt, der uns ein bisschen so beraten hat und geschaut hat. Und das war gut und dann haben wir mal gezeigt und vorgestellt, was wir da tun und wie wir das tun und was da die Grundlagen sind und wie das abgesichert ist. Und dann kam Ruhe und Frieden und dann konnten wir uns ein bisschen genauer auf das Ganze konzentrieren.
Medea Thiery
00:21:02
Zurück in Göllersdorf. Ich habe mich lange mit Sabine über ihr Engagement und ihre Arbeit unterhalten. Und irgendwie ist die Zeit dabei wie im Flug vergangen. Und dann war es auch gleich 18 Uhr und ihre Nachtschicht hat angefangen.
Sabine Neudorfsky
00:21:13
Der Nachtdienst beginnt damit, dass ich mir die Rufumleitung auf mein Telefon hole und somit können alle RTWs, die den Telenotarzt anrufen wollen, mit mir sprechen. Dann melde ich mich über das System an, über die App, die wir haben. Das ist Corporate Mission, das heißt, ich tipsel meinen Zugang ins System ein und warte letztendlich, bis ein Einsatz kommt, bis mich die Mannschaft anruft. Mir sagt Sabine, wir brauchen dich bitte, wir haben einen Einsatz für dich. Dann marschiere ich zu meinem Tablet oder zu meinem Laptop, je nachdem, womit ich heute Nacht arbeiten möchte und steige in den Einsatz ein und ab dann beginnt die Einsatzabwicklung für uns zusammen.
Medea Thiery
00:21:53
Wir sitzen ja hier auf eurem Esstisch und du sitzt wirklich nur vor deinem Tablet. Ich war am Anfang fast ein bisschen verwundert, dass das quasi reicht für deinen Nachtdienst.
Sabine Neudorfsky
00:22:02
Das reicht, das reicht. Ich habe auch in meinem Büro den Laptop stehen. Im Prinzip reicht auch das Tablet. Ich kann allerdings bei meinem Laptop, habe ich die Möglichkeit, daneben ist der Stand PC mit dem großen Doppelbildschirm, da mache ich es manchmal schon so, wenn mehrere EKGs geschickt werden, die wir vergleichen wollen, dass ich mir den zweiten Bildschirm dann dazuschalte. Das heißt, das entscheide ich dann spontan, wo ich arbeiten möchte. Die Sanitäter vor Ort sagen mir ja immer schon ein paar Eckdaten, was da jetzt auf mich zukommt in dem Einsatz und je nachdem entscheide ich dann, wenn es zum Beispiel um eine Belastung geht, arbeite ich oftmals nur mit dem Tablet, wenn ich weiß, dass es irgendwas Haariges ist, ich habe Schwierigkeiten, das EKG zu interpretieren oder der Patient ist ein bisschen kritischer, dann gehe ich zum Laptop, schalte mir einen zweiten Bildschirm dazu und habe eine große Arbeitsfläche, mit der ich arbeiten kann.
Medea Thiery
00:22:49
Du hast dich jetzt da eingeloggt in deine App Corpuls Mission. Was siehst du denn da jetzt eigentlich auf deinem Tablet?
Sabine Neudorfsky
00:22:55
Aktuell sehe ich noch nicht viel. Ich sehe meinen Namen, meine Rotkreuzkennung und meine Position. Das ist heute der Telenotarzt Niederösterreich und drunter steht auf meinem Bildschirm keine aktiven Einsätze. Das ändert sich in dem Moment, wo ein RTW einen Einsatz startet, dann klingelt bei mir in der App ein Telefon und mit diesem Telefon kann ich mich dann über diese Software mit den Sanitätern in Verbindung setzen und die Sanitäter vor Ort können mir Fotos schicken, sie können mir Videos schicken, sie können mit mir auch über Videocall Videotelefonieren. Das ist immer ganz günstig, wenn es dort etwas gibt, was ich sehen soll. Zum Beispiel manchmal, wenn der Patient eine sehr blasse Hautfarbe hat und die tun sich schwer, das zu beschreiben, dann schalten die das Video zu und dann sehe ich über Video den Patienten, kann mit dem auch sprechen, interagieren. Ich sehe in Liveansicht sämtliche Vitalparameter, die die Sanitäter abnehmen mit ihrem Monitor. Das heißt, ich sehe immer exakt die eingestellte Monitoroberfläche und kann somit auch immer in Livezeit mitschauen, wie sich das verändert am Patienten selbst.
Medea Thiery
00:24:07
Und die SanitäterInnen, die haben dann quasi am Auto ein Tablet oder ein Handy, wo quasi dieselbe App drauf ist?
Sabine Neudorfsky
00:24:12
Genau, die haben ihr Endgerät, das Tablet eignet sich etwas besser, weil es eine größere Oberfläche hat, aber viele arbeiten auch mit den Handys, da ist die App vorinstalliert. Die melden sich am Beginn ihres Dienstes an der App an und können dann einfach einen Einsatz starten. Sabine Nordorfsky, hallo?
Sanitäter Michi
00:24:33
Ja, hallo, ich hätte einmal einen Einsatz für dich, ich bin am RTW Großenzersdorf und hätte einen Patienten mit Brustschmerzen am Vormittag, darf ich den Einsatz starten?
Sabine Neudorfsky
00:24:43
Das passt, start den Einsatz, ich gehe zum Computer und wir hören uns in wenigen Minuten über das System.
Sanitäter Michi
00:24:49
Ja, perfekt.
Sabine Neudorfsky
00:24:50
Danke dir, bis gleich, tschau. So, jetzt warten wir, dass es hier im System bimmelt.
Medea Thiery
00:24:57
Ich setze mich da mal so rüber, dass ich dir über die Schultern schauen kann.
Sabine Neudorfsky
00:25:00
Es dauert oft ein paar Minuten, bis die dann das System gestartet haben.
Medea Thiery
00:25:04
Das heißt, das System verbindet sich gerade?
Sabine Neudorfsky
00:25:07
Genau. Und wir sehen, es ist der Michi, servus Michi, hörst du mich?
Sanitäter Michi
00:25:11
Ja, hallo, ich höre dich gut.
Sabine Neudorfsky
00:25:12
Sehr gut, was hast du denn für mich, Michi?
Sanitäter Michi
00:25:14
Wir haben einen 65-jährigen Patienten, der hat heute Vormittag leichte Brustschmerzen gehabt, hat sich jetzt dann Sorgen gemacht, weil es irgendwie nicht ganz weggegangen ist, aber besser geworden ist. Sein Blutdruck ist leicht erhöht, 160 zu 95. Seine Blutdruckmedikamente, die er standardmäßig nimmt, hat er schon eingenommen. Und er möchte jetzt eigentlich nicht ins Krankenhaus, er möchte nur wissen, ob alles in Ordnung ist. Das heißt, es wird eigentlich um eine EKG-Erkrankung gehen.
Sabine Neudorfsky
00:25:42
Ja, hast du ein 12er-EKG schon geschrieben?
Sanitäter Michi
00:25:46
Ja, ein 12er-EKG habe ich geschrieben. Das könnte ich dir dann per Foto auch schicken.
Sabine Neudorfsky
00:25:52
Ja, sehr gerne.
Sanitäter Michi
00:25:54
Weil der Corpuls momentan keine Datenverbindung hat.
Sabine Neudorfsky
00:25:58
Ja, das heißt, ich wiederhole noch einmal, unser Patient hat am Vormittag die Brustschmerzen gehabt, hat auch ein bisschen einen erhöhten Druck gehabt und hat dann seine Heimmedikation genommen. Und jetzt ist der Druck auf der Brust auch weg?
Sanitäter Michi
00:26:13
Ja, der Druck auf der Brust ist auf jeden Fall leichter geworden.
Sabine Neudorfsky
00:26:17
Kennt er das schon? Hat er öfter einen Druck auf der Brust?
Sanitäter Michi
00:26:20
Ja, es ist schon Angina Pectoris, das ist in der Vorgeschichte bekannt.
Sabine Neudorfsky
00:26:24
Und hat er dagegen was? Hat er so einen Antianginosen? Findest du in seiner Medikamentenliste ein Vasteril oder ein Dancor oder ein Ranexa?
Sanitäter Michi
00:26:33
Ja, das ist dabei.
Sabine Neudorfsky
00:26:34
Sehr gut. Hat er das heute eingenommen?
Sanitäter Michi
00:26:37
Ja, das hat er normal eingenommen.
Sabine Neudorfsky
00:26:38
Okay, wunderbar. Und jetzt geht es ihm wieder besser. Wie ist der Blutdruck jetzt, Michi?
Sanitäter Michi
00:26:42
Der Blutdruck ist jetzt aktuell, die neueste Messung ist 155 zu 85.
Sabine Neudorfsky
00:26:48
Okay, das ist gut. Was hat er denn für eine Sättigung?
Sanitäter Michi
00:26:53
96 Sättigung.
Sabine Neudorfsky
00:26:54
Bei Raumluft Temperatur ist normal?
Sanitäter Michi
00:26:58
Temperatur ist 36,5, Zucker ist 120.
Sabine Neudorfsky
00:27:03
Kein Diabetiker?
Sanitäter Michi
00:27:04
Nein, kein Diabetiker.
Sabine Neudorfsky
00:27:06
EKG sehe ich, EKG ist unauffällig, er hat einen Linkschenkelblock, ist der vorbekannt? Hast du irgendwo einen Arztbrief, den du ablesen kannst?
Sanitäter Michi
00:27:16
Ja, ich habe da einen Arztbrief und da ist bei den Diagnosen auf der Linkschenkelblock und das sieht man auch im Vor-EKG.
Sabine Neudorfsky
00:27:23
Perfekt.
Sanitäter Michi
00:27:23
Kann ich dir danach noch schicken?
Sabine Neudorfsky
00:27:25
Nein, das passt schon. Wenn das im Arztbrief so drin ist, dann glauben wir das. Dann kann man den Patienten tatsächlich zu Hause belassen. Wenn es ihm jetzt gut geht, der Blutdruck ist wieder im höheren Normbereich. Ich würde ihm anbieten, dass wenn das noch einmal passiert heute, dass er schon noch einmal die Rettung ruft und dass er, wenn es aber ein zweites Mal heute Nacht noch vorkommt, tatsächlich vielleicht schon noch mitfährt, dass man das sicherheitshalber noch abklärt im Krankenhaus.
Sanitäter Michi
00:27:51
Okay, das werde ich ihm sagen. Ich kläre ihn da auf, dass er das so machen soll.
Sabine Neudorfsky
00:27:55
Dann bleiben wir so. Wenn du noch etwas brauchst, kannst du dich jederzeit noch einmal melden.
Sanitäter Michi
00:27:59
Ja, perfekt. Ich melde mich, wenn ich etwas brauche.
Sabine Neudorfsky
00:28:01
Wunderbar. Herzlichen Dank und einen ruhigen Dienst weiterhin.
Sanitäter Michi
00:28:04
Danke.
Sabine Neudorfsky
00:28:05
Gerne. Baba.
Sanitäter Michi
00:28:06
Danke, dir auch. Tschüss.
Sabine Neudorfsky
00:28:09
Das war in dem Fall jetzt eine Belassung. Das bedeutet, wir haben jetzt keinen Transport ins Krankenhaus. Würde das ein Patient sein, den wir ins Krankenhaus bringen müssten, würde der Einsatz so lange offen bleiben, bis die Übergabe im Krankenhaus erfolgt ist, einfach damit die Kollegen vor Ort die Möglichkeit haben, mich jederzeit wieder hinzuzuziehen.
Medea Thiery
00:28:26
Ich bin total begeistert. Du bist auf dieser Oberfläche und das ist wirklich wie in einem WhatsApp-Chat quasi. Du hast da jetzt alle Infos mitgeschrieben. Du hast jetzt gerade erwähnt, dass das EKG keine Datenverbindung hatte, hast aber trotzdem den Einsatz gut begleiten können. Also das ist dann kein Problem?
Sabine Neudorfsky
00:28:43
Das ist kein Problem. Wir haben die Möglichkeit, über das Endgerät, sprich Tablet oder Handy, Fotos zu machen und diese Bilder bleiben auch erhalten in der Dokumentation. Das bedeutet, ich kann mir das EKG abfotografieren lassen, den Ausdruck am Gerät und kann mir trotzdem dann das EKG über dieses System anschauen. Leider ist es so, dass wir abhängig sind von der Internetverbindung vor Ort und es gibt leider Gegenden in Niederösterreich, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen und wo die Internetverbindung so schlecht ist, dass wir einfach keine zustande kriegen. Dann arbeiten wir über unsere Endgeräte und es wird alles abfotografiert. Was wichtig ist, auch die Oberfläche zum Beispiel vom Corpuls, von diesem Monitor, einfach damit die Daten im Chat erhalten bleiben. Aber für den Einsatz selber ist es eigentlich kein Problem? Überhaupt nicht. Ich tue mir nur leichter, wenn ich das Live-Monitoring habe, aber ich kann mir auch einfach die Daten über Fotos zuschicken lassen oder Durchsagen von den Sanitätern vor Ort und die schreibe ich einfach mit und so haben wir sie auch dann dokumentiert.
Medea Thiery
00:29:40
Das war jetzt ein relativ ruhiger Einsatz, aber dennoch wirklich extrem spannend, das einfach mitzubekommen und grundsätzlich geht das eigentlich immer so vor?
Sabine Neudorfsky
00:29:53
Genau, das ist der regelrechte Ablauf, so geht das über die Bühne. Wenn der Einsatz länger offen bleibt, weil die Kollegen einen Transport haben, dann je nachdem wie weit weg das Krankenhaus ist, verlasse ich dann auch den Arbeitsplatz zwischendurch wieder und bitte sie, dass sie mich noch einmal über die Tele-Notarztnummer anrufen, wenn sie was verändert, wenn sie wieder Hilfe brauchen. Und ansonsten regle ich das gerne so mit den Kollegen vor Ort, wenn der Einsatz gut abgearbeitet wurde, wenn die Übergabe im Krankenhaus problemlos funktioniert hat, schreiben die einfach noch eine Abschlussmeldung in den Chat hinein und beenden dann den Einsatz.
Medea Thiery
00:30:27
Danke dir Sabine, dass wir dich auch heute besuchen durften und da jetzt auch live mit dabei sein durften. Das war extrem spannend für mich sowieso als Nichtsanitäterin, wirklich faszinierend und auch schön zu sehen. Wie gesagt, wir sitzen da hier bei dir zu Hause und deine Kinder wuseln da neben uns herum.
Sabine Neudorfsky
00:30:48
Genau, es darf auch gemütlich sein.
Medea Thiery
00:30:49
Genau, aber du bist trotzdem im Einsatz und in den Notfällen erreichbar. Das ist extrem sehr cool. Eine sehr schöne Art zu arbeiten. Das war die erste Folge von Am Berufungsort. In der nächsten Folge bleiben wir beim Thema Telemedizin und Teleanwendungen. Gemeinsam mit Chefarzt Dr. Berndt Schreiner gehen wir der Frage nach, wie Telemedizin unseren Alltag verändert.
Florian Schodritz
00:31:10
Dazu sprechen wir mit Franz Viehböck, Österreichs einzigen Astronauten und mit Monika Stickler über die Zukunft der Teleanwendungen. Mein Name ist Florian Schodritz.
Medea Thiery
00:31:20
Und mein Name ist Medea Thiery.
Florian Schodritz
00:31:22
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